Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 10. Januar 2024 (Az. VI R 16/21) eine wichtige Entscheidung für Berufssoldaten getroffen:
Die Kosten für die anwaltliche Vertretung in einem Wehrdisziplinarverfahren können als Werbungskosten bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden.
Die Kernaussage des BFH
Der BFH stellt in seinen Leitsätzen unmissverständlich klar: “Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abzugsfähig.”
Warum sind die Kosten absetzbar?
Die Begründung des BFH ist überzeugend: Ein Wehrdisziplinarverfahren steht in direktem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis und kann erhebliche Auswirkungen auf das berufliche Fortkommen haben. Die möglichen Disziplinarmaßnahmen reichen von der Kürzung der Dienstbezüge bis hin zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Die Anwaltskosten dienen damit unmittelbar der “Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen” im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.
Der entscheidende Unterschied zu Strafverfahren
Besonders interessant ist die Abgrenzung zu Strafverfahren. Der BFH betont: “Die zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten eines Strafverfahrens ergangene Rechtsprechung ist auf Rechtsverfolgungskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren nicht übertragbar.”
Der Grund: Ein Strafverfahren sanktioniert die Verletzung allgemeiner Rechtsgüter. Ein Wehrdisziplinarverfahren hingegen bezieht sich speziell auf den besonderen Status und die Pflichten des Berufssoldaten. Selbst wenn das Verhalten außerhalb des Dienstes stattfand, werden im Disziplinarverfahren ausschließlich Verletzungen der soldatischen Dienstpflichten geahndet.
Praktische Bedeutung
Die Entscheidung ist für Berufssoldaten von großer praktischer Bedeutung. Die Kosten der Rechtsverteidigung können auch dann als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn:
- das Verhalten außerdienstlich war
- ein strafbewehrter Vorwurf im Raum steht
- möglicherweise später eine Kostenerstattung erfolgt
- (diese wäre dann im Jahr des Zuflusses als Einnahme zu versteuern)
Fazit
Die Entscheidung des BFH schafft Rechtssicherheit für Berufssoldaten. Sie können die oft erheblichen Kosten ihrer Verteidigung in Wehrdisziplinarverfahren steuerlich geltend machen — ein wichtiger Unterschied zu privaten Rechtsstreitigkeiten.
Vergleich zum allgemeinen Beamtenrecht
Die Entscheidung des BFH swird auf die Behandlung von Anwaltskosten in Disziplinarverfahren des allgemeinen Beamtenrechts übertragbar sein. Auch dort werden Beamtinnen und Beamte die Kosten ihrer Verteidigung in Disziplinarverfahren als Werbungskosten geltend machen können. Der Grund ist derselbe: Das Disziplinarverfahren hat unmittelbaren Bezug zum Dienstverhältnis und kann erhebliche Auswirkungen auf die berufliche Stellung und die Dienstbezüge haben. Die jetzige Entscheidung stärkt eine einheitliche Behandlung von Verteidigungskosten in Disziplinarverfahren, unabhängig davon, ob es sich um Soldaten oder andere Beamte handelt.
Hinweis zur individuellen Beratung
Dieser Beitrag informiert Sie über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Er kann und soll jedoch keine steuerrechtliche Beratung im Einzelfall ersetzen. Die steuerliche Absetzbarkeit von Rechtsanwaltskosten hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Für eine auf Ihren konkreten Fall bezogene Beratung empfehlen wir Ihnen, einen Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht zu konsultieren. Diese können die Besonderheiten Ihrer persönlichen Situation berücksichtigen und Sie entsprechend beraten. Unsere Kanzlei ist auf andere Rechtsbereiche spezialisiert und bietet keine steuerrechtliche Beratung an.
[Hinweis: Dieser Beitrag basiert auf dem BFH-Beschluss vom 10.01.2024, Az. VI R 16/21.]