13. Februar 2025

Anwaltskosten im Disziplinarverfahren als Werbungskosten absetzbar?

Der Bundes­fi­nanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 10. Januar 2024 (Az. VI R 16/21) eine wichtige Entscheidung für Berufs­sol­daten getroffen:

 Die Kosten für die anwalt­liche Vertretung in einem Wehrdis­zi­pli­nar­ver­fahren können als Werbungs­kosten bei der Einkom­men­steuer geltend gemacht werden.

Die Kernaussage des BFH

Der BFH stellt in seinen Leitsätzen unmiss­ver­ständlich klar: “Rechts­ver­fol­gungs­kosten eines Berufs­sol­daten für ein gegen ihn geführtes Wehrdis­zi­pli­nar­ver­fahren sind als Werbungs­kosten abzugs­fähig.”

Warum sind die Kosten absetzbar?

Die Begründung des BFH ist überzeugend: Ein Wehrdis­zi­pli­nar­ver­fahren steht in direktem Zusam­menhang mit dem Dienst­ver­hältnis und kann erheb­liche Auswir­kungen auf das beruf­liche Fortkommen haben. Die möglichen Diszi­pli­nar­maß­nahmen reichen von der Kürzung der Dienst­bezüge bis hin zur Entfernung aus dem Dienst­ver­hältnis. Die Anwalts­kosten dienen damit unmit­telbar der “Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen” im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Der entscheidende Unterschied zu Strafverfahren

Besonders inter­essant ist die Abgrenzung zu Straf­ver­fahren. Der BFH betont: “Die zur Abzugs­fä­higkeit von Prozess­kosten eines Straf­ver­fahrens ergangene Recht­spre­chung ist auf Rechts­ver­fol­gungs­kosten für ein Wehrdis­zi­pli­nar­ver­fahren nicht übertragbar.”

Der Grund: Ein Straf­ver­fahren sanktio­niert die Verletzung allge­meiner Rechts­güter. Ein Wehrdis­zi­pli­nar­ver­fahren hingegen bezieht sich speziell auf den beson­deren Status und die Pflichten des Berufs­sol­daten. Selbst wenn das Verhalten außerhalb des Dienstes stattfand, werden im Diszi­pli­nar­ver­fahren ausschließlich Verlet­zungen der solda­ti­schen Dienst­pflichten geahndet.

Praktische Bedeutung

Die Entscheidung ist für Berufs­sol­daten von großer prakti­scher Bedeutung. Die Kosten der Rechts­ver­tei­digung können auch dann als Werbungs­kosten geltend gemacht werden, wenn:

  • das Verhalten außer­dienstlich war
  • ein straf­be­wehrter Vorwurf im Raum steht
  • mögli­cher­weise später eine Kosten­er­stattung erfolgt
  • (diese wäre dann im Jahr des Zuflusses als Einnahme zu versteuern)

Fazit

Die Entscheidung des BFH schafft Rechts­si­cherheit für Berufs­sol­daten. Sie können die oft erheb­lichen Kosten ihrer Vertei­digung in Wehrdis­zi­pli­nar­ver­fahren steuerlich geltend machen — ein wichtiger Unter­schied zu privaten Rechts­strei­tig­keiten.

Vergleich zum allgemeinen Beamtenrecht

Die Entscheidung des BFH swird auf die Behandlung von Anwalts­kosten in Diszi­pli­nar­ver­fahren des allge­meinen Beamten­rechts übertragbar sein. Auch dort werden Beamtinnen und Beamte die Kosten ihrer Vertei­digung in Diszi­pli­nar­ver­fahren als Werbungs­kosten geltend machen können. Der Grund ist derselbe: Das Diszi­pli­nar­ver­fahren hat unmit­tel­baren Bezug zum Dienst­ver­hältnis und kann erheb­liche Auswir­kungen auf die beruf­liche Stellung und die Dienst­bezüge haben. Die jetzige Entscheidung stärkt eine einheit­liche Behandlung von Vertei­di­gungs­kosten in Diszi­pli­nar­ver­fahren, unabhängig davon, ob es sich um Soldaten oder andere Beamte handelt.

Hinweis zur individuellen Beratung

Dieser Beitrag infor­miert Sie über die aktuelle Recht­spre­chung des Bundes­fi­nanzhofs. Er kann und soll jedoch keine steuer­recht­liche Beratung im Einzelfall ersetzen. Die steuer­liche Absetz­barkeit von Rechts­an­walts­kosten hängt von vielen indivi­du­ellen Faktoren ab. Für eine auf Ihren konkreten Fall bezogene Beratung empfehlen wir Ihnen, einen Steuer­be­rater oder Fachanwalt für Steuer­recht zu konsul­tieren. Diese können die Beson­der­heiten Ihrer persön­lichen Situation berück­sich­tigen und Sie entspre­chend beraten. Unsere Kanzlei ist auf andere Rechts­be­reiche spezia­li­siert und bietet keine steuer­recht­liche Beratung an.

[Hinweis: Dieser Beitrag basiert auf dem BFH-Beschluss vom 10.01.2024, Az. VI R 16/21.]