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Kinderbetreuung - U3/Ü3 Rechtsanspruch
Vor zehn Jahren. § 24 des 8. Sozialgesetzbuch wurde zum 1. August 2013 neu gefasst. Seither haben auch Kinder im Alter unter drei Jahren einen Anspruch auf Kinderbetreuung. Das Gesetz spricht von einem Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Tageseinrichtung und Tagespflege werden grundsätzlich als gleichwertig und gleichrangig angesehen.
Die Gerichte haben seit 2013 immer wieder deutlich gemacht: „… Dabei ist der gesetzlichen Regelung zu entnehmen, dass die Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege grundsätzlich als gleichwertig angesehen wird. Ein Anspruch kann nur darauf gerichtet sein, dass die Förderung in der einen oder in der anderen Form durchgeführt wird. …“ (VGH Kassel 10 B 1848/13)
Was in den zehn Jahren geschah – Ein paar Beispiele für elterlichen Unmut
Das Verwaltungsgericht Münster (6 L 1177/17) sah es aber so, dass Eltern sich nicht auf die Betreuung ihres Kindes durch eine Tagesmutter verweisen lassen müssen, wenn die Stadt nicht nachweisen konnte, dass die Kapazitäten für eine Unterbringung in einer städtischen Kindertageseinrichtung erschöpft sind.
Zwar könne der Träger der Jugendhilfe seine Verpflichtung zur Förderung von unter drei-jährigen Kindern gleichermaßen mit dem Nachweis eines zumutbaren Platzes in einer Kindertagesstätte und mit dem Nachweis eines zumutbaren Platzes in der Kindertagespflege erfüllen. Dabei sei das Jugendamt allerdings verpflichtet, den Leistungsberechtigten auch die ihren Wünschen entsprechende Betreuungsform zu vermitteln. Das Wunsch- und Wahlrecht finde nur dann seine Grenze, wenn keine Plätze in der gewünschten Betreuungsform vorhanden seien.
Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat den Betreuungsbedarf berechnet:
„Wer 2019 nach einem Kitaplatz für sein Kleinkind gesucht hat, hatte besonders schlechte Karten: Damals lag die Betreuungslücke bei knapp 360.000 fehlenden Plätzen – ein Negativrekord. Nach einem moderaten Rückgang 2020 um rund 35.000 Plätze ist die Lücke bis zum Frühjahr 2022 auf 266.000 Betreuungsangebote gesunken. Das zeigt eine neue IW-Studie auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes. …
Aufgrund der Coronapandemie wurden weniger Betreuungsplätze benötigt. Außerdem suchen seit einigen Monaten viele Menschen aus der Ukraine Schutz vor dem russischen Angriffskrieg – auch Eltern mit ihren Kleinkindern.“ Wie sich die Bedarfssituation in den kommenden Jahren entwickeln werde, lasse sich daher nur schwer abschätzen. Es könne aber dazu kommen, dass sich die Lage wieder verschärfe.“
Die Betreuungsquote ist in den Bundesländern zudem unterschiedlich hoch. Es verwundert daher nicht, wenn das Verwaltungsgericht Mainz (1 L 1234/17.MZ) ausführt:
„Insoweit bestehen derzeit rechtliche und tatsächliche Hindernisse für die Erfüllung des Anordnungsanspruchs, bei denen fraglich ist, ob sie ausgeräumt werden können. Die vorläufige Verpflichtung zur – tatsächlichen – Gewährung der konkret begehrten Leistung scheidet daher mangels Spruchreife aus, denn auch das Gericht kann die Antragsgegnerin nicht zu einer unmöglichen Leistung im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichten …“
Wie bereits erwähnt, werden Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege grundsätzlich als gleichwertig und gleichrangig angesehen. Viele Familien sehen die beiden Betreuungsformen jedoch nicht als gleichwertig an, sondern bevorzugen für ihr Kind die Betreuung in einer Kindertageseinrichtung (Kita).
Manchmal macht es einen großen Unterschied, ob das Kind in einer Kita oder von einer sog. Tagesmutter betreut wird – nämlich in der Haushaltskasse, wie der Fall einer Familie im Verwaltungsgerichtsbezirk Gießen zeigt.
Im Giessener Fall ging es den Eltern darum, für ihre Tochter einen Platz in einer örtlichen Kindertagesstätte zu erhalten. Für einen Platz in der Kindertagesstätte in ihrer Gemeinde wären 346 Euro im Monat angefallen. Da es in der örtlichen Kita keinen Platz für die Tochter dieser Familie gab, wurde eine Tagesmutter mit der Betreuung beauftragt. Dafür hat die Familie einen monatlichen Beitrag in Höhe von 533 Euro zu leisten.
346 Euro für die Kita, 533 Euro für die Tagesmutter. Die Familie klagte.
Das Verwaltungsgericht Gießen (7 K 174/15.GI) wies die Klage ab, denn:
„… Auch wenn die mittelbare Auswirkungen der Inanspruchnahme einer Tagespflege statt einer Kindertagesstätte über die Förderung durch den Landkreis daher dazu führt, dass die Eltern andere, zum Teil deutlich höhere Beiträge zu leisten haben, führt das wegen der anderen Betreuungsart noch nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zu den Eltern, deren Kinder in einer kommunalen Einrichtung betreut werden. …“
Das OLG Frankfurt am Main hat Schadensersatz wegen nicht rechtzeitig nachgewiesenem Betreuungsplatz zugesprochen.
Die Aufhebung der Erlaubnis zur Kindertagespflege sah das OVG NRW als rechtmäßig an.
Das VG Göttingen entschied zu Anspruch auf einen 6-stündigen Betreuungsplatz im Kindergarten.